Und in 50 Jahren…

Erst dachte ich, das wäre von Tucholski, weil ja das alte „Liedgut“ etwas in Vergessenheit gerät. Da gibt es aber welche, die das zitieren und sogar Webseiten über den Tucholski und andere Dichter aus dessen Zeit machen. Wie der Hawe Kuehl zum Beispiel, der nicht nur den Vorzeigedichter, sondern auch den Otto Reutter im Petto haben. Und der hat dann einen langen Aufsatz in 13 Strophen gemacht. Die Elfte, die ist gut:

„Und bist du ein Eh’mann und kommst nach Haus
Halb drei in der Nacht – und sie schimpft dich aus,
Dann schmeiß dich ins Bette und sag: „Verzeih‘,
wär ich zu Hause geblieben, wär’s auch halb drei.“
Und kehr‘ ihr den Rücken und denke: Nu schrei!
Ach, in fünfzig Jahren ist alles vorbei.“

Die letzte fasst dann alles zusammen.

„Drum: Hast du noch Wein, dann trink ihn aus.
Und hast du ein Mädel, dann bring ’s nach Haus.
Und freu dich hier unten beim Erdenlicht.
Wie’s unten ist, weißt du – wie oben nicht.
Nur einmal blüht im Jahre der Mai –
und in fünfzig Jahren ist alles vorbei –
Du Rindvieh, dann ist es vorbei!“

Die Zwölfte ist übrigens nicht so schön, da geht es um den Tod. Naja, logisch dass auch ein Spannungsbogen gezeichnet werden muss. So ist das Leben. Und das ist 1919 geschrieben worden. Nicht dumm also, unsere Urgrossväter, vor fast 100 Jahren. Der Dichter hat jedenfalls seine philosophischen und Endzeit-Gedanken gut mit einem gewissen „Leck-mich-am-Arsch-Kontext“ vernetzt.

Das gefällt mir und das Knu möchte jedenfalls kein Rindvieh sein, was sich da Sachen vermießen lässt und sich das Leben klauen lässt. Tut mir also leid, wenn ich manchmal etwas gereizt wirke, wenn ihr Flachzangen mir Neuigkeiten erzählen wollt, die keine sind. Bitte, erklärt mir nicht mein Leben! 50 Jahre, meist dauert es nicht länger vom Jugendalter bis zum „Schluss“, da ist die Zeit kostbar. Mein Knu-Vater hat sein Rentenalter ‚mal mit dem „Warten auf den Tod“ beschrieben. Hmm, möchte ich jetzt noch nicht hören, befürchte aber, er könnte Recht haben.

Was soll ich da machen, trink‘ ich dann ‚mal meinen Wein aus…

Du bist ein Knu!

Geht es Dir genauso? Wirst Du manchmal gemobbt, trinkst Du gerne Wein und ist gerne Fleisch, fährt Dir ab und zu ein Rentner den Einkaufswagen in die Fersen, verschläfst Du einmal im Jahr? Hast Du den Alltagsstress, bist Du manchmal glücklich, manchmal traurig, bist Du nicht modelmässig geformt, stehst Du auf den Frühling und den Herbst? Hast Du zuviel Geld zum Sterben und zu wenig zum Prassen, sind die Ärmel vom Pulli manchmal etwas kurz, schaust Du gerne fern? Hast Du zwei Ohren, bist nicht Winston Churchill, nicht Prinzessin Fantaghiro, nicht John McEnroe, Bugs Bunny oder Kleopatra?

Dann bist Du auch ein Knu!

Im REWE

Das bringt mich dann zum Einkauf. Produkte aus dem Norden sollen also gemieden werden. Na gut, Paprika gibt es im Norden nicht, auch nicht unter Glas. Gurken ja. Aber Gurken schmecken eh nicht, es sei denn, der EHEC hat die Gurken-DNA mit einem Geschmacksgen mutiert.

Guenstig Einkaufen kann man im Rewe nicht, es sei denn, er liegt als einzigstes in der Naehe, Spritpreise sind ja auch eine Katastrophe. Ich schreie nicht „Ja“, wenn ich „Ja-Produkte“ sehe. Blau zuengelt der Scanner fuer Plastikpfandflaschen und weniger lustig sind die Gesichter der Leute in der Schlange, die warten muessen, wenn man viel von besagten Pfandflaschen am Automaten abgeben muss.

Auf diese Weise hypnotisiert, mache ich mir dann auch Gedanken ueber die Leute, das ist dann lustig. Da haetten wir einmal den alten Schulkollegen, damals Aufreisser, jetzt immer noch Single und beschaemt, dass man ihn beim Toastbrot gesehen hat. Mit Kinnbart. Dann waere da der maennliche Weinkaeufer, keine Ahnung ausser Rot oder Weiss und mehrmals das Weinregal ablaufend. „Filou“ kann man nicht nehmen, wenn jemand zuschaut, das ist ja fast wie Toilettenpapier kaufen. Aber was ist noch gut und nicht zu teuer?

Das naechste Paar kauft gemeinsam ein, gut, dass der Wagen Hartgummiraeder hat, schliesslich hat Nostradamus den naechsten Weltuntergang vorhergesagt, da sind 250 EUR nicht zu wenig. Drei Flaschen Bier sind dann auch mit drin, reichen ungefaehr bis zum Sonnenuntergang, aber Mann verzichtet doch gerne, sei’s auch nur zum Schein.

Vorbei kommen die dann am permanenten Zeitungsleser. Schnell wird die Nackische in der Super-Illu aufgeblaettert und wieder ins Regal gestellt. Gespart ist eben gespart.

Aber alles halb so wild und es waere doch schade, wenn’s anders waere, oder?